Angela Schanelec „schöne gelbe Farbe“ (1991):
https://dffb-archiv.de/dffb/schoene-gelbe-farbe
Auszüge aus Joseph Vogls „Schöne gelbe Farbe: Godard mit Deleuze“:
Die Szene ist beiläufig, fast unscheinbar. Sie ist weniger als eine Szene und etwas mehr als ein Augenblick. Sie ist ein Vorübergehen, ein Zögern, ein Weitergehen, eine ziellose, kurz angehaltene Bewegung. Und sie ist überdeterminiert, sie ist ein Aufblitzen, in dem selbst etwas aufblitzt – ein flüchtiger Blick und ein unvollständiger Satz. So jedenfalls wird sie gespielt, an der sonnenbeschienenen Außenwand von Malapartes Villa auf Capri und in Godards „Le Mepris“ (Die Verachtung): Fritz Lang schlendert herbei, zögert, deutet auf Francesca, die im gelben Bademantel am abblätternden Rot der Mauer lehnt, und sagt: »Schöne gelbe Farbe«, während er weitergeht. […]
Die Farben ergeben die Ordnung des Films. Sie begleiten die Figuren und wuchern über sie hinaus. Sie übergießen das Bild, ziehen sich in Formen und formlose Formen zusammen. Sie sind Anfangs und Endpunkte oder selbst Bewegungen. Sie stehen nebeneinander, ergänzen sich, teilen und verteilen sich, bilden Oppositionen. Sie können erzählt werden und Bedeutungen in sich aufnehmen, Ja und Nein, Trauer und Glück, Verfolgung und Rettung. Sie können erzählt werden, sind aber selbst keine Erzählung, sie können Bedeutungen annehmen, sind selbst aber insignifikant. Sie bilden die Ordnung des Films, diese Ordnung aber ist nicht die einer Sprache. […]
[N]icht das scharfe Messer, sondern das Schneiden oder Schneidende, nicht ein gleißendes Licht sondern das Gleißen oder Gleißende, nicht der gelbe Stoff, sondern das Gelb-Sein oder Gelb-Seiende, oder – wie Deleuze mit einem Paradox von Lewis Carroll sagt: ein Grinsen ohne Katze.