Über die Papageien im Wiesbadener Kurpark

Wer in Wiesbaden aufwächst, weiß, dass der Kurpark, ein im Stil des englischen Landschaftsgartens angelegtes Symbol des Bourgeoisen, besetzt ist von grünen Halsbandsittichen, deren eigentliche Habitate in Afrika und Asien zu finden sind. Die Papageie sind vermutlich aus einem Tierpark entwischt und haben sich in den Nischen des vom Menschen umgewältzten öffentlichen Raums eingenistet. Mitten im Zentrum der Landeshauptstadt, in der unmittelbaren Umgebung der Spielstätte, in welcher bereits Dostojewski seinen Lohn verzockte, singen sie ihre nomadischen Lieder der Subversion. Dabei geben sie uns, ob gewollt oder nicht, ein Vorbild für den richtigen Umgang mit Genre: es gilt, den Fremdkörper in die Konvention zu schleusen, und gleichzeitig das neuartige Gefüge so stimmig erscheinen zu lassen wie die gewohnte Wirklichkeit. Eben hier lässt sich die politische Sprengkraft von Melvilles Entscheidung, die Männer in seinen Gangster-Filmen ihre ikonischen Hüte, welche in Paris bereits aus der Mode gefallen waren, weitertragen zu lassen. Jede einzelne der Kopfbedeckungen scheint zu flüstert: „Das was ist, könnte auch anders sein.“

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