Papierflieger: Heiner Müller in Buenos Aires

Jannik Mioducki and Inés Efron: Herzstück (2019)

Das erste Mal habe ich mich mit dem Herzstück von Heiner Müller während meines Schauspielstudiums an der Otto-Falckenberg Schule beschäftigt. Damals aber auf der Bühne. Für mich liegt der Reiz des Stückes darin, dass in sehr wenigen Sätzen eine sehr komplexe Beziehung zwischen den Figuren „Eins“ und „Zwei“ erzählt wird. Daher auch die spätere Entscheidung für den Kurzfilm. Metaphorische Redewendungen wie „darf ich ihnen mein Herz zu Füßen legen“ werden dabei in einen Dialog gesetzt und dadurch zu konkreten Bitten, Antworten oder Fragen. Aber hierbei liegt auch die große Schwierigkeit. Wie soll ich so einen lyrischen, abstrakten Dialog auf die Bühne oder vor die Kamera bringen?! Wie stelle ich eine Operation am Herzen dar? Die vermeintliche Einfachheit des Dialogs wird dabei zur großen Herausforderung. Weil die Räume hinter den einzelnen Sätzen immer größer zu werden scheinen, wenn ich versuche, sie in etwas Konkretes umzusetzen. Deshalb sollten die Sätze Sätze bleiben. Wir haben uns entschieden, möglichst neutral zu sprechen. Also ohne großen schauspielerischen Zusatz und durch die Einfachheit im Sprechen, möglichst konkret werden. Die Versuche, an das Herz zu gelangen, sollten rein körperlich stattfinden. Fast wie ein Spiel zwischen Kindern. Dabei war uns aber wichtig, ganz ernst in diesem Spiel zu bleiben. Dass die „naiven“ Versuche wie Schütteln oder mit der Hand das Herz durch den Mund zu befreien, auch wirklich so versucht werden sollten. Das letzte Bild sollte die Besonderheit der Beziehung zwischen „Eins“ und „Zwei“, die wir zuvor erlebt haben, wieder auflösen. Nach der Strophe von Pink Floyd „You are just an other brick in the wall“ sollte so aus dem einzelnen Herzen mit anderen Herzen die Terrasse, die Stadt, der Ort des Geschehens und anderen Beziehungen entstehen.

Jannik Mioducki machte 2017 seinen Schauspiel-Abschluss an der Otto-Falckenberg Schule. Danach entschied er sich nach Buenos Aires zu gehen, um die Film- und Theaterszene in einem anderen Land kennenzulernen. Zurück in Deutschland gastierte er in zwei Produktionen der Münchner Kammerspiele sowie am Stadttheater Erlangen. Außerdem ist er festes Mitglied im „Traumschüff“ Kollektiv und führte in Kooperation mit dem Zentrum für politische Schönheit bei der Aktion „Wo sind unsere Waffen“ Regie. Mit „MAMA“ verwirklichte er im Februar 2021 sein drittes Kurzfilmprojekt und im Sommer 2021 spielte er seine erste Hauptrolle in dem Langspielfilm „D.E.I.N. – das esse ich nicht“ (AT) von Katherina Huber.

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